Martina Wiedmann über "Line und Paul und Akupunktur (R. Schulze)

Die Kinder Line und Paul begleiten Lines Mutter in die Praxis von Ruth, einer Therapeutin für Chinesische Medizin. Ruth erklärt den Kindern im Dialog, wie sie über die Befragung und Untersuchungen eine Chinesische Diagnose stellt und  das Behandlungskonzept entwickelt.

So lernen die Kinder Puls- und Zungendiagnose kennen, erfahren, warum Ruth sich  für Lines „Pipi“ und „Kacke“ interessiert, was die neun Körperöffnungen sind und warum sie frei sein müssen, wenn man gesund sein will, was Gefühle mit Krankheiten zu tun haben, wie man die Entstehung von Schleim verhindert (indem man z.B. nicht zuviel Eis isst) und wie man ihn nötigenfalls auch behandeln kann, was Guasha ist, wie eine Shonishin-Behandlung abläuft, was Leitbahnen sind, was Qi bedeutet und, anlässlich einer Akupunkturbehandlung bei Line, daß „echte Akupunktur“ auch bei Kindern nicht unbedingt wehtun muss.

Im Anschluss an diese Geschichte finden Leser ein Glossar mit „Wissenswertem“ aus der Chinesischen Medizin (von Antlitz- bis Zungendiagnose).

Die Autorin erklärt in ihrem 2015 erschienenen Buch, inspiriert durch die Fragen ihrer jungen Patienten, anschaulich wichtige Begrifflichkeiten aus der Chinesischen Medizin für Kinder, aber auch für erwachsene Laien. Viele lustige Bilder, die locker in den Text eingebunden sind, tragen dazu bei, dass dies in ausgesprochen erbaulicher Weise geschieht. Durch den Vergleich des Untersuchers mit einem Detektiv baut Ruth erklärend einen Spannungsbogen auf, sodass es den Kindern nie langweilig wird. In entspannter Selbstverständlichkeit stellt sie das Denkgebäude dieser fernöstlichen Therapieform vor. Diagnostische Prinzipien und therapeutische Maßnahmen sind so Kindern und ihren Eltern angenehm leicht verständlich, ebenso wie der Stellenwert der Prophylaxe.

Indem sie auch die Grenzen der Chinesischen Medizin aufzeigt, bezieht die Autorin schulmedizinsche Diagnostik undTherapie in respektvoller Weise mit in ihr ganzheitliches Behandlungskonzept ein. Das umfangreiche Glossar erklärt die Fachbegriffe der Chinesischen Medizin, diesmal losgelöst von der Geschichte Line und Pauls, in schnörkelloser Sprache zum nachlesen und besseren Verstehen.

Das macht Kinder und Erwachsenen zu erfreulich informierten Patienten, die – wie Line und Paul – ganz selbstverständlich den engen Dialog mit ihren Therapeuten führen. Dieses Verhältnis „auf Augenhöhe“ zwischen Behandler und Patient trägt ja bekannterweise wesentlich zu erfolgreichen Behandlungen bei.

Therapeuten der Chinesischen Medizin kann dieses Buch dazu inspirieren, ihre Arbeitsweise allen kleinen Patienten und ihren Eltern verständlich nahezubringen und sie so ihre Motivation zu einer Therapie zu steigern. „Line und Paul und Akupunktur“ eignet sich gut für das Wartezimmer, für das Kinderzimmer sowie für Kindergärten und Schulen, da Kinder und Erwachsene sich so einfach und unterhaltsam, aber auch ausreichend fundiert mit den Prinzipien der Chinesischen Medizin vertraut machen können.

Meinen Kollegen und Freunden, die mich fragen, wie ich denn kleine Kinder mit Chinesischer Medizin behandle, werde ich diesen Titel ebenfalls gerne empfehlen.

Dr. med. Martina Wiedmann