Elisabeth Butter über "Kommissar Mozart" (Tom Ots)

In diesem Buch geht es tatsächlich nicht um Mord, sondern um einen rätselhaften Banküberfall, der für Kommissar Mozart – einem echten Nachfahren des großen Wolfgang Amadeus – eine harte Nuss ist und ihn bei seinen Ermittlungen außergewöhnliche Wege gehen lässt. Seine persönlichen Erfolge, Misserfolge, Lernprozesse und Reflexionen werden dem Leser jeweils am Kapitelende in Form von handschriftlichen Notizen präsentiert.

Die Handlung ist auf zwei miteinander interagierenden Ebenen angesiedelt: Die erste Ebene zeigt die Ermittlungen und die Gedankengänge des Kommissars, die oft verschlungen und unorthodox sind. Die zweite Ebene zeigt eine ganz andere Welt. In Gesprächen mit den vier mutmaßlichen Verdächtigen – alles Ärzte und alle mit einer „Achtundsechziger“- Vergangenheit - tut sich ein kleiner Kosmos unterschiedlicher Menschentypen auf, die der Kommissar aufsucht und die ihm in langen Gesprächen ihre Erinnerungen und ihre Weltbetrachtung darlegen.

Da ist Dr. Georgis, der Humanist und Menschenfreund mit eigener Praxis für Allgemein- und psychotherapeutische Medizin, Dr. Hart, der pessimistische und zynische Weltuntergangs-Prophet, Frau Dr. Köhler, die esoterisch angehauchte und pseudoreligiöse Ärztin und Erforscherin menschlicher Abgründe und schließlich der die politische Vergangenheit reflektierende Dr. Ende, der sich bei der Befragung durch Mozart gekonnt aus der Affäre zieht, sich nicht in die Karten schauen lässt und den Kommissar auflaufen lässt und dem Leser in gewisser Weise vorführt. Diese ausführlichen und gelegentlich weitschweifigen politischen und philosophischen Gespräche sind innerhalb dieses besonderen Krimis eine Welt für sich. Dem Autor gelingt es, die beiden scheinbar so verschiedenen Ebenen zu einem logischen Ablauf der Handlung zu verbinden und diese Verknüpfung konstant aufrecht zu erhalten.

Alle vier Gespräche verdichten sich für den Kommissar schließlich zu einem Bild, das zu einer überraschenden Lösung der Ermittlungen führt.

Das Ganze, manchmal augenzwinkernd, in einem erfrischenden Schreibstil gehalten und hin und wieder gewürzt mit einem Schuss Erotik ist ein wirkliches Lesevergnügen mit Tiefgang. Wer einen harten Krimi erwartet, wird allerdings enttäuscht werden.

Elisaeth Butter, Juli 2021