Paul Crichton über "Die Kränkung" (Max Zihlmann)

Dieser schillernde Roman von Max Zihlmann, dem Schweizer Filmkritiker und Autor von Hörspielen, Fernsehthrillern und Drehbüchern, handelt von zwei Männern und einer Frau in einer erbitterten Dreiecksbeziehung. Einer der Männer, Steiner, ist ein erfolgloser Schriftsteller, der versucht, an einem Roman zu arbeiten, der andere, Teuscher, ist ein berühmter Fernseh-Drehbuchautor. Die Frau, Franziska, ist eine Kinderärztin, die in einem Film mit Teuscher als Schauspielerin eingesprungen ist. Der Film spielte in Südamerika, ging gründlich schief und wurde nie fertiggestellt.

Zu Beginn des Romans treffen sich die beiden einst befreundeten, aber über die inzwischen verstorbene Franziska zerstrittenen Männer nun nach 20 Jahren wieder, um dort weiterzumachen, wo sie aufgehört haben, und gemeinsam ein Drehbuch zu schreiben. Sie beginnen mit einer Idee von Teuscher: Ein Literaturkritiker sucht nach einer Sensationsmeldung, die seiner Meinung nach im unveröffentlichten Manuskript des letzten Romans eines bekannten Kultautors zu finden ist, der unter ungeklärten Umständen ums Leben kam. Seine Ex-Frau behauptet, dass der Grund für ihre Scheidung seine obsessive Beziehung zu seiner Mutter war und dass diese Beziehung in dem unveröffentlichten Roman beschrieben wird.

Es gibt also zwei literarische Bereiche: Schriftsteller, die ein Drehbuch über einen anderen Schriftsteller schreiben wollen, dessen letzter Roman ein Geheimnis enthält. Auch der Roman „Die Kränkung“ von Max Zihlmann soll autobiografische Elemente enthalten. Im Zentrum von Zihlmanns Roman stehen die Themen des Schreibens und die Beziehung zwischen Schriftstellern, Themen, die selten mit der hier gezeigten Klarheit und Einsicht beleuchtet werden. Teuscher beklagt, um einige Beispiele zu nennen, dass er mit zunehmendem Alter weniger Aufträge bekomme und dass bei Dirigenten in den Konzertsälen „der Respekt wächst, je mehr ihr Haar ergraut“. Teuscher fragt Steiner, ob er noch schreibe, was Steiner als seine „Lieblingsfrage“ bezeichnet (ein gutes Beispiel für die Eitelkeit von Schriftstellern gegenüber ihren eigenen Werken). Für viele Autoren sind Plagiate sowohl eine starke Versuchung als auch eine erhebliche Quelle der Angst, entdeckt zu werden. Steiner beschuldigt Teuscher, eine seiner Ideen gestohlen zu haben, und Teuscher gibt widerwillig seine Schuld zu und spielt sie herunter. Über einige Ratschläge, die in Kursen über kreatives Schreiben gegeben werden, machen sie sich lustig – Ratschläge, die selbst zu neuen Klischees führen können. Auch die Probleme, unvereinbare, spontane Ideen zu einem kohärenten Text zu verschmelzen, werden erwähnt. Und beschrieben wird die unerwartete Freude, die ein Autor empfindet, wenn er einen Entwurf noch einmal liest und entdeckt, dass etwas darin tatsächlich stimmig ist. Steiner entwickelt das Drehbuch und das Ergebenis ist eine so ausgeklügelte Handlung, dass nicht einmal der wohlwollendste Leser mit perfektem Gedächtnis ihr folgen könnte.

Die Ambivalenz der Freundschaft ist ein weiteres wichtiges Thema. Der Roman macht deutlich, dass aus besten Freunden beste Feinde werden können, in diesem Fall wenn sie Rivalen um eine Frau sind, die es versteht, den einen gegen den anderen auszuspielen. Franziska, eine Ärztin, die Teuscher nach Südamerika begleitete und ihn behandelte, als er an Malaria erkrankte, heiratete ihn später. Steiner bleibt verwundert über „Teuschers mühelose Wirkung auf Frauen“, rächt sich aber zunächst, indem er Teuscher langsam offenbart, dass er, Steiner, Franziska manchmal heimlich getroffen habe. Als Teuscher später beim Drehen eines Videos auf dem Friedhof rückwärts geht, merkt er nicht, dass er sich einem offenen Grab nähert und fällt schließlich hinein. Steiner, der dabei zuschaut, greift nicht ein. An anderer Stelle offenbart er Teuscher, dass Franziska ihm, Steiner, auf ihrem Sterbebett gesagt habe, Teuscher sei „der Irrtum ihres Lebens“ und sie hätte sich stattdessen für Steiner entscheiden sollen. Schließlich überredet Steiner Teuscher, mit ihm in den Keller zu gehen, um etwas zu holen. Teuscher erinnert sich an die Kurzgeschichte von Edgar Allen Poe, der beschrieb, wie jemand unter der Erde eingeschlossen und dem Tod überlassen wurde. Teuscher sieht einen Ausdruck puren Hasses auf Steiners Gesicht und stößt ihn weg, die beiden prügeln sich und Teuscher flieht. Doch später schaut Steiner im Traum in den Spiegel und sieht darin Teuscher statt sich selbst, ein geschickter Zug, der die Ambivalenz ihrer Beziehung verstärkt.

Dazu kommt jede Menge Humor, darunter eine wahnsinnig komische Sequenz, in der ein bayerischer Bildhauer mit der verstorbenen Franziska über die Gestaltung ihres eigenen Grabsteins kommuniziert. Der Humor hellt das Dunkel dieses meisterhaften Romans mit einer Geschicklichkeit und einer Sicherheit auf, die dem nicht unähnlich ist, was Shakespeare in seinen Tragödien mit Humor erreicht hat.

Paul Crichton, London März 2022