Dr. Brigitte Labs-Ehlert über "Reise nach Jerusalem" (Irshaid)
Karin Irshaid hat ein kluges Buch voller Empathie für die Menschen in Palästina und Israel geschrieben.
Ausgehend von einer Amour fou macht sich der Protagonist auf die Suche nach der Schönen, die einen Umbruch in sein Leben gebracht hat. Um Orientierung und Distanz zu seiner nun aus den Fugen geratenen Umwelt zu erlangen, schließt er sich der Reise seiner Mutter, einer Friedensaktivistin, nach Israel und Palästina an. Die Leser erhalten einen Einblick in das komplizierte Leben der Bevölkerung in dieser Region. En passant, eingebettet in herrliche Landschaftsbeschreibungen, wird in Rückblenden auch vom Leben in den nun von Israel besetzten Gebieten in Palästina erzählt.
Der Schriftstellerin gelingt dabei ein Blick in eine so offene wie gastfreundliche Welt, über die oft verzerrt berichtet wird. Ihre Sprache evoziert Bilder, Gerüche, Farben, da ist die Malerin Irshaid am Werk, ihre Wortgenauigkeit und ihre Reflexion über den Gebrauch des Wortes zeigen die philosophische und politische Dimension ihres Schreibens. Ihr großes Verdienst ist es, mit „Reise nach Jerusalem“ die Möglichkeit einer Versöhnung zwischen Israelis und Palästinenser auszusprechen: wer gemeinsam an einem Tisch sitzt, der kann nicht mehr des anderen Feind sein. Der Verlust seiner Liebe und die folgende Ernüchterung wird durch das Gefühl des Ich-Erzählers, in einem fremden Land willkommen zu sein, aufgehoben. So endet die Erzählung hoffnungsvoll mit der Feststellung: „Ich werde wiederkommen. Ich habe Jerusalem noch nicht gesehen.“
Dr. Brigitte Labs-Ehlert