DZA über "When Patient and Doctor Disagree"


Der Titel suggeriert so etwas wie einen Kampf des um seine Rechte kämpfenden Patienten versus „Halbgott in Weiß“.  Eigentlich aber ist dies ein Buch, das aufzeigt, was ÄrztInnen machen können, damit es nicht zu diesem Kampf kommt (der Titel ist mehr ein Aufhänger, man muss nur die zahlreichen Einträge zu diesem Topos auf Google verfolgen). ??

Die beiden Londoner Autoren sind gestandene Ärzte mit multiplen Spezialausbildungen; Crichton erhielt seinen Dr. med. in München, wurde Psychiater mit Betonung auf Liaison Psychiatrie, studierte außerdem Philosophie und hat reichlich veröffentlicht. 2013 erschen von ihm im selben Verlag „Self-Realization and Inner Necessity – Thinking About how to Live“. Greer, ursprünglich aus Australien, ist Mitbegründer der British Psycho-Oncological Society und wurde mehrfach für seine zahlreichen Arbeiten in Psycho-Onkologie ausgezeichnet. ??

Wer des Englischen nicht so recht mächtig ist, sei beruhigt bzw. gar ermuntert: Das Buch ist in so einem klaren und einfachen Englisch geschrieben – wohl auch der Gedanken-Klarheit der Autoren geschuldet, dass es geradezu als Englisch-Lerntext benutzt werden könnte.??

Die Argumentation gliedert sich in zwei Teile:

  • How to understand and improve the Patient-Doctor Relationship
  • How this understanding of the Patient-Doctor relationship throws light on some ethical dilemmas in medicine and psychiatry


Innerhalb dieses Rahmens werden alle Anteile der Patient-Arzt-Kommunikation ausführlich beschrieben: der Wunsch nach Autonomie seitens der PatientInnen, die Wichtigkeit für ÄrztInnen, der Darstellung der PatientInnen Zeit zu geben und Glauben zu schenken, die Vor- und Nachteile eines paternalistischen ärztlichen Redestils, wie ÄrztInnen versteckte Aussagen von PatientInnen entdecken können, aber eben auch, wie man mit jenen PatientInnen umgeht, die den parternalistischen Stil bevorzugen.

Der zweite Teil (35 Seiten) mit den ethischen Dilemmata ist etwas stärker auf legale Prozeduren in England bzw. den anglo-amerikanischen Raum bezogen, damit auf jeden Fall wichtig für deutsch-sprachige ÄrztInnen, die beabsichtigen, in England zu arbeiten. Da geht es um heikle Angelegenheiten wie Entmündigung und Unterbringung psychiatrischer PatientInnen, um Fragen der Wiederbelebung bis hin zum assistierten Sterben. Ausgehend vom Ausbildungshintergrund der Autoren dreht sich dieses Buch dabei relativ stark um psychiatrische und onkologische PatientInnen.??

Fazit: Insgesamt ein Buch, das „leichtfüßig“ zum Nachdenken anregt, ohne Kopfschmerzen zu induzieren. Ich vermesse mich zu sagen, dass man nach dem Lesen dieses Buches nicht ein besserer Mensch, aber ein besserer Arzt für seine PatientInnen ist.??

Meine Bewertung: *****

Thomas Ots
ots@daegfa.de