DZA über "Acupuncture Point and Channel Energetics" (Hamid Montakab)

Tom Ots, Deutsche Zeitschrift für Akupunktur, über "Bridging the Gap"

Schon wieder ein neues Grundlagenlehrbuch der Akupunktur? Ja und Nein: Dieses ist das umfasssendste seiner Art, das ich gelesen habe. Der Autor wuchs in Frankreich mit der französischen Schule der Akupunktur auf, die im letzten Jahrhundert als die elaborierteste gesehen werden kann. Während man im modernen kommunistischen China versuchte, die Akupunktur auf rationale Füße zu stellen bzw. – wie der Autor sagt – zur Reflextherapie zu erniedrigen, schöpfte die französische Schule aus ihren Konnektionen zu China vor dem Bürgerkrieg, sowie zu Vietnam und Korea. Der Autor nennt Soulié de Morant, De la Füye, Nguyen Van Nghi, Mussat, Darras, Kespi, Roustan, Schatz, Gilles Andres, Lavier, Pater C. Larre und Rochet de la Vallée als seine mittelbaren oder unmittelbaren Lehrer.
Der Autor schrieb 20 Jahre an diesem Buch, indem er die Vorzüge der jeweiligen Linien zusammenfügte, denn jedes noch so gute Buch ließ irgendeinen wichtigen Aspekt der chinesischen Medizin vermissen. Während der letzten 14 Jahre stand der Autor unter dem Einfluss von Meister J. C. Yuen, der eine jahrhundertelange familiäre daoistische Tradition fortführte und es perfekt verstanden haben soll, diese mit modernen wissenschaftlichen Konzepten zu „vermählen“. Yuen hat nie ein Buch veröffentlicht, so dass seine Ideen hier erstmals zu Papier gebracht wurden.

Der Autor lebt in der Schweiz, gründete dort 1986 die Academy of Chinese Healing Arts und 1995 die Swiss Professional Organization for TCM.

Das Buch teilt sich in drei große Teile: „Body Energetics“ (38 S.), „Primary Channels  and the Acupuncture Points“ (290 S.) sowie einen in seiner Ausführlichkeit einmaligen  Teil „Extraordinary and Secondary Channels“ (120 S.) Gerade dieser letzte Teil enthält Vieles, was in deutschsprachigen Akupunkturbüchern nicht zu finden ist. Um diese Kompilation übersichtlich und nachvollziehbar zu machen, gibt der Autor viel Hinweise zu den Ursprungstexten bzw. oralen Traditionen von Punkteigenschaften oder Indikationen.

Das Buch schließt mit einer ausführlichen Bibliographie, einem Glossar mit chinesischen Begriffen in Pinyin und als Schriftzeichen, sowie einem außerordentlich detaillierten Index von Symptomen, wo auch gleich die hierfür in Frage kommenden Akupunkturpunkte benannt werden – auf Grund der Kompilation nicht wenige (z.B. abdominal pain mit 60 Akupunkturpunkten).

Das Buch ist übersichtlich aufgebaut, fürs Auge schön gemacht, das Englisch einfach zu lesen. Es ist mit sehr vielen schönen Zeichnungen versehen, teilweise aus der Feder des Autors.

Fazit: Ein zur Zeit ultimatives Nachschlagewerk der Fülle an klassischen Theorien der Akupunktur, insbesondere für die Energie-betonte französische Akupunktur und speziell für die außerordentlichen und tendino-muskulären Meridiane.

Thomas Ots
(Deutsche Zeitschrift für Akupunktur, 3/2016)