392
Das Verdauungssystem
(Gastrointestinaltrakt)
20
Zwischen beiden Bögen liegt rechts und links je eine
Gaumenmandel
(Tonsilla palatina),
die sich relativ häufig
entzünden kann
(Angina, Tonsillitis)
und bei chronisch
rezidivierendem Auftreten auch andere Organe (Herz,
Nieren usw.) in Mitleidenschaft zieht. Gaumen-, Zun-
gen- und Rachenmandeln werden als
„lymphatischer
Rachenring“
zusammengefasst, dem im Wesentlichen
Abwehraufgaben zukommen (Lymphozyten- oder Ab-
wehrwall). Der Rachen oder Schlund
(Pharynx),
ge-
meinsamer Teil des Atem- und Speisewegs, wurde bereits
im Kapitel „Atemsystem“ (
▶
Kap. 19.1.2) eingehend
besprochen, so dass wir uns dem nächsten Abschnitt
„Speiseröhre“ (
Ösophagus;
griech.
phagein
= essen,
oisai
= tragen) zuwenden können.
20.1.5 Speiseröhre
(Ösophagus)
Sie stellt einen 23–28 cm langen, leicht S-förmig gebo-
genen, dehnbaren, im oberen Drittel noch aus quer ge-
streifter, dann aber nur noch aus glatter Muskulatur (die
größere Dehnungen ermöglicht) bestehenden Schlauch
dar, der durch das Zwerchfell hindurch bis zumMagen-
mund
(Cardia ventriculi)
zieht. Die innen von einem
mehrschichtigen und unverhornten Plattenepithel sowie
zahlreichen Schleimdrüsen
(Gll. oesophageae)
(die die
Schleimhaut schlüpfrig halten) ausgekleidete Speiseröhre
weist drei physiologische Engen auf:
•• die Ringknorpel-Enge (15 cm von der Zahnreihe
entfernt),
•• die Aorten-Enge (24 cm von der Zahnreihe entfernt)
und
•• die Zwerchfell-Enge (40 cm von der Zahnreihe ent-
fernt).
Die Wandung der Speiseröhre (Abb. 20.11) besteht
neben der Schleimhaut und dem darunter gelegenen
Bindegewebe aus einer schraubenförmigen, auf- und
absteigenden, sich überkreuzenden Ring- und Längs-
muskulatur, die durch peristaltische Kontraktionswellen
den Bissen in den Magen vorwärts treibt.
E
xkurs
Für die Passage der gesamten Speiseröhre benötigt der Bis-
sen etwa 20–28 Sekunden, während der Transport von Flüssigkeiten
nur einige Zehntelsekunden in Anspruch nimmt.
20.2 Mittlerer Verdauungsabschnitt
20.2.1 Magen
(Gaster)
ImAnschluss an die Speiseröhre erfährt der Verdauungs-
kanal eine sackartige Erweiterung zum Magen
(Gaster),
der mit seinemVolumen von 1,5–2 l der Aufnahme, Vor-
bereitung und zeitweiligen Speicherung des Speisebreis
dient. Eine Resorption findet in diesem Abschnitt kaum
statt. Die Form des Magens wird weitgehend durch den
jeweiligen Füllungszustand, durch die Körperhaltung,
durch Alter, Geschlecht und Konstitution bestimmt.
E
xkurs
Der Magen stellt gewissermaßen einen Nahrungsbehälter
für einen kurzen Zeitraum dar. Er hat die Aufgabe, die im Verlauf einer
Mahlzeit aufgenommenen Speisen vorübergehend zu speichern, sie
durch die von der Magenschleimhaut produzierte Salzsäure zu des-
infizieren und sie nach entsprechender Vorbereitung (Einleitung der
chemischen Aufspaltung der Nahrungsstoffe und Vorbereitung der
Resorption ihrer Spaltprodukte) schubweise demDünndarm zuzuleiten.
Dadurch wird letzterer vor plötzlichen Überlastungen bewahrt und
darüber hinaus die Verarbeitung der zu verschiedenen Tageszeiten auf-
genommenen Nahrung rhythmisiert. Damit spielt der Magen die Rolle
eines Vermittlers zwischen der Vorbereitungs- und Verdauungsphase.
Die durch das Gebiss grobmechanisch zerkleinerte Nahrung wird vom
Magensaft übergossen und durch dessen (Eiweiß)-Verdauungsferment
(Pepsin) aufbereitet, so dass mit Unterstützung der Magenwandmus-
kulatur (Abb. 20.12) ein „Speisebrei“ (Chymus, täglich 600–800 ml)
entsteht. Die chemisch wirksame Magenschleimhaut bildet auch
Labferment und Salzsäure. Letztere aktiviert das Pepsin und wirkt
darüber hinaus bakterizid, so dass für die meisten mit der Nahrung
verschluckten Keime eine „Sperre“ entsteht. Diese Abwehrfunktion der
Salzsäure ist bei Erkrankungen der Magenschleimhaut geschwächt!
Nur Wasser, Alkohol, Koffein und giftige Substanzen werden von der
Magenschleimhaut resorbiert und über die Pfortader der Leber (zur
Entgiftung) zugeleitet.
Form
Trotz möglicher Unterschiede ist in bildgebenden Unter-
suchungsverfahren eine gewisse Grundform des Magens
erkennbar, an der man folgendeTeile unterscheiden kann
(Abb. 20.13):
Abb. 20.11
Querschnitt durch die Speiseröhre (Ösophagus) mit
Einmündung eines ampullenförmig erweiterten Schleimdrüsen-
ausführungsganges. Hämatoxylin-Eosin-Färbung. 4:1.
1 = mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel mit Papillen
2 = Mündung eines
3 = Ausführungsgangs einer
4 = in der Submukosa gelegenen Schleimdrüse
(GI. oesophagea)