Vorwort zur zweiten deutschen Auflage
VIII
In der Vergangenheit hat sich immer wieder erwiesen, dass mit Kooperation mehr und Besse-
res zu erreichen ist. In dieser Erkenntnis ist auch die Zusammenarbeit der Stiftung ITON mit
der Fakultät der Bewegungswissenschaften der Freien Universität von Amsterdam begründet.
Dieses Zusammenwirken ergibt sich aus der geteilten Überzeugung, dass Neurowissenschaften
und Bewegungswissenschaften einander etwas zu bieten haben, und sie eröffnet Perspektiven
für interessante Forschungsprojekte, den Austausch von Dozenten und gemeinsame Publika-
tionen.
Leider traf uns im Januar 2010 ein schwerer Schicksalsschlag: Mein guter Freund und Kol-
lege Wilbert Nieuwstraten starb unerwartet. Wilbert, Rehabilitationsarzt und seit 1995 Haupt-
dozent in den ITON-Seminaren, war ebenso wie ich ein begeisterter Verfechter des von mir oben
propagierten individuellen Ansatzes. Durch seinen großen Einsatz und die Qualität seiner Lehre
wurde unsere Neurorehabilitation-Ausbildung überall in den Niederlanden bekannt. Er lehrte
auf der Grundlage seiner großen Erfahrung in der Betreuung von Patienten mit Hirnschädigung,
und er war wegen seiner aufgeschlossenen Grundeinstellung bei seinen Schülern sehr beliebt.
Sein plötzlicher Tod versetzte uns in einen Schockzustand und ließ uns zweifeln: Können wir
ohne ihn weitermachen? Uns der Tatsache stets bewusst, dass Wilberts Fehlen immer spürbar
sein wird, beschlossen wir – auch gestützt durch die Zusammenarbeit mit der Freien Univer-
sität –, unsere Aktivitäten so weit wie möglich fortzusetzen. Wilberts Einfluss manifestiert sich
an vielen Stellen des Buches, aber insbesondere dort, wo es um die praktischen Anwendun-
gen geht.
Ben van Cranenburgh,
Haarlem/Thun 2014
Vorwort zur ersten Auflage
Die Neurorehabilitation entwickelt sich immer rascher fort. Ein Patient nach Schlaganfall (engl.
CVA =
cerebrovascular accident
) hat tatsächlich ein viel komplexeres Störungsbild als nur eine
Parese. Die Zeiten, in denen die Betroffenen pauschal als „Hemiplegiker“ bezeichnet wurden,
sind vorbei. Inzwischen wird uns die naheliegende Tatsache immer mehr bewusst, dass wir mit
Hilfe unseres Gehirns wissen, denken, begreifen, achtgeben, behalten, sprechen, verstehen, wahr-
nehmen, fühlen, regeln, handeln, suchen, navigieren, uns orientieren und noch viel mehr. Schä-
digungen des Gehirns bedürfen daher nicht nur einer motorischen, sondern auch einer kogni-
tiven und einer Verhaltensrehabilitation. Schlussendlich geht es darum, dass der Patient wieder
eine für sich akzeptable und befriedigende individuelle Rolle in der Welt spielen kann – mit oder
ohne Lähmung, mit oder ohne Gedächtnisstörung.
Wir haben gelernt, dass die Qualität des Verhaltens und der Kognition darüber entscheidet,
wie viel Erholung langfristig überhaupt erreichbar ist. Die weitere Entwicklung der kognitiven
und Verhaltensrehabilitation muss darum kräftig unterstützt werden.