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Kapitel 1
Neurorehabilitation heute
In den letzten dreißig Jahren hat die Neurorehabilitation ein stabiles Fundament erhalten.
Die Existenz neuronaler Plastizität wird nicht mehr bestritten. Viele Vorgänge wie beispiels-
weise die trainingsinduzierte Funktionsrestitution lassen sich durch bildgebende Verfahren
sichtbar machen. Nach und nach werden die Mechanismen bekannt, die den manchmal
bemerkenswerten Restitutionserfolgen zugrunde liegen. Unter Neurorehabilitation ver-
steht man inzwischen weit mehr als nur das Einüben motorischer Funktionen. Die Rehabi-
litation der kognitiven und Verhaltensfunktionen entwickelt sich weiter. Wir erkennen, dass
die Aufsplitterung in immer mehr Subdisziplinen (Ärzte, Psychologen, Physiotherapeuten,
Logopäden, Ergotherapeuten usw.) nicht ideal ist, und suchen nachWegen, unsere Patien-
ten konsistent und ganzheitlich zu behandeln. Der Ansatz mittels des Modells des empiri-
schen Zyklus kann ein verbindendes Element sein für ein interdisziplinäres Team.
1.1 Das Gehirn ist dynamisch, Plastizität ist kein Mythos mehr .................................................. 1
1.2 Biologie und Psychologie reichen sich die Hand ...................................................................... 4
1.3 Optimismus verdrängt Schwarzmalerei und therapeutischen Nihilismus ...................... 9
1.4 Fälle von bemerkenswerter Restitution ........................................................................................ 10
1.5 Was ist kognitive Rehabilitation? .................................................................................................... 11
1.6 Wozu Verhaltensrehabilitation? ....................................................................................................... 13
1.7 Der empirische Zyklus: Nichts ist praktischer als eine gute Theorie .................................. 14
1.8 Das Behandlungsteam: mono-, multi- oder interdisziplinär? ............................................... 18
1.1 Das Gehirn ist dynamisch, Plastizität ist
kein Mythos mehr
Das Denken über das Gehirn entwickelt sich dauerhaft. Sehr lange hat sich die Auffassung gehal-
ten, das Nervensystem des ausgewachsenen Menschen sei
statisch
.
Während seiner Entwicklung
entstünden Nervenzellen (Neuronen) mit ihren Verzweigungen (Axone, Dendriten) und Verbin-
dungen (über Synapsen) und irgendwann sei dieser Prozess abgeschlossen und komme zum Still-
stand. Ab diesem Zeitpunkt sei das Nervensystem nicht mehr veränderbar. In einem statischen
System sind Struktur und Funktion festgelegt. Studenten lernen ein etabliertes Wissen über Ker-
ne und Bahnen mit unveränderlichen Lokationen und Routen.
Leider wird dabei der Zusammenhang zwischen Gehirn, Alltagsverhalten und Lernvorgän-
gen zu wenig berücksichtigt. Die Regenerationsfähigkeit des
peripheren
Nervensystems wird
zwar anerkannt, für das
zentrale
Nervensystem wird dieselbe jedoch nur als eine Illusion betrach-
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