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Vorwort zur ersten Auflage
XI
Leitsätze zur Gewährleistung der individuellen Ausrichtung werden besprochen. Anhand von
zwei den Fallstudien
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Herr Jos jammert den ganzen Tag und
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Frau Ellie strauchelt und tut sich mit dem Lesen schwer
wird der Aufbau einer patientenzentrierten Behandlungsstrategie schrittweise dargestellt.
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In Kapitel 12 erfolgt ein Ausflug in die evidenzbasierte Medizin. Wir problematisieren: Inte-
ressiert uns nur das Ergebnis, oder entwickeln wir auch Konzepte? Wir sind der Ansicht, dass
eine reine Leitlinienmedizin Gefahr läuft, individuelle Behandlungsbedürfnisse zu übertün-
chen und mit standardisierten Anleitungen zu einer Art Kochbuch degenerieren würde. Viel-
mehr müssen die personenbezogene Problemanalyse und der individuelle Behandlungsplan
im Mittelpunkt stehen.
Die in diesem Buch beschriebenen Methoden und Konzepte beruhen einerseits auf den moder-
nen Auffassungen über Plastizität und Lernen, andererseits auf den klassischen Grundlagen der
Neurorehabilitation, die u. a. von Franz, Goldstein und Luria entwickelt wurden. Viele Metho-
den können nicht als „effektiv“ oder „nichteffektiv“ bezeichnet werden, ganz einfach, weil jeder
Patient individuell betrachtet werden muss. Man vergleiche das mit der Musik: Mozarts Toten-
messe rührt den einen zu Tränen und lässt den anderen gleichgültig! Es ist, wie es ist.
Dies bedeutet übrigens nicht, dass Effektivitätsmessungen überflüssig wären. Auch bei indi-
viduellen Patientenfällen ist eine gute Effektivitätsuntersuchung möglich. Darum geben wir in
Kapitel 12 einige Empfehlungen für die wissenschaftliche Untersuchung von Therapieeffekten.
Dieses Buch wurde in der vollen Überzeugung geschrieben, dass die Neurowissenschaften
etwas zu bieten haben, und es wurde versucht, realistische Informationen über Möglichkei-
ten von Funktionsrestitution nach einer Hirnschädigung zu geben. Es gilt, einen Mittelweg
zu finden zwischen Fatalismus einerseits und unseriösem Medienhype andererseits (angebliche
Möglichkeiten der Stammzellentransplantation, endgültige Heilung der Alzheimer-Krankheit).
Oft geht es nicht um „Medizin“, sondern um gesunden Menschenverstand und pädagogische
Einsichten.
Mein Freund und Kollege Marc Kobus, Mitbegründer der Stiftung ITON, starb während
meiner Arbeiten an diesem Buch unerwartet und viel zu früh. Nicht zuletzt wegen seiner kriti-
schen Fragen und seiner ordnenden Hand war er ein sehr geschätzter Referent unseres Ausbil-
dungsprogramms der Neurorehabilitation. Er hat sich im dritten Hauptkapitel über die prakti-
schen Anwendungen verewigt, wofür ich ihm nachträglich immer dankbar bin.
Für weitere Hilfe und Unterstützung bedanke ich mich bei
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vielen Patienten, die mir ihre Probleme schilderten,
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vielen Seminarteilnehmern, die Fallbeschreibungen einbrachten,
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meinen kritischen Zweitlesern Wilbert Nieuwstraten, Gert-Jan de Haas und Karin Brügger,
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Evelijn Raven und Marloes Veldkamp für ihren kritischen Beitrag zumThema Aphasietherapie,
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Joke Prins, die wieder alle Zeichnungen angefertigt hat,
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meiner Tochter Oda für das Abtippen der Literaturliste,
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und nicht zuletzt dem Eiger-Mönch-Jungfrau-Massiv für die inspirierende Aussicht aus mei-
nem Arbeitszimmer.
Ben van Cranenburgh
Sulwald, Burgistein, Haarlem
2003–2004
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