1993_10_02Cordula Haux_C - page 28

Neue Westfalische, Nr. 210
Donnerstag, 10. September 1998
Autorin Karin lrshaid in der Gesamtschule
Mut und Ohnmacht
Von Rolf Birkholz
G ii t er sI oh . Der Konflikt zwischen
Is–
raelis und Palastinensern hat verschlun–
gene Wurzeln. In beiden Lagern gibt es
Krafte, die ihn wachsen lassen und dann
einseitig entscheiden wollen. Ein
ge–
rechter Friede scheint zur Zeit wieder
weit entfernt. Zumal den gegeniiber den
juden schuldbewuBten Deutschen
fallt
es schwer, die Lage angemessen zu be–
urteilen. Die Bielefelder Schriftstellerin
und Kiinstlerin Karin lrshaid, deren Ehe–
mann aus Palastina stammt, schaut ent–
sprechend auf die Palastinenser, denen
bislang kein eigener Staat zuerkannt
wird. Die Autorin war jetzt Cast der
Anne-Frank-Gesamtschule.
Dort las sie auf Einla"dung der Arbeits–
gemeinschaft lsraei/Palastina aus ih–
rem 1996 erschienenen Buch ,Das
Hochzeitsessen - eine literarische
Reise nach Palastina". Darin erzahlt
wahrend der Zubereitung eines
Hochzeitmahles die Kochin einer an–
deren Frau Geschichten aus ihren
Volk . Um die Auseinandersetzungen
zwischen Israelis und den zum Teil
muslimischen, zum Teil auch christli–
chen Arabern auf eine allgemeinere
Ebene zu heben, werden die Volker
nicht beim Namen genannt; doch es
ist klar, wer jeweils gemeint ist.
Die rund 40 Zuhorer erfuhren zum
Beispiel, wie ein alter palastinensi–
scher Bauer den Beginn des Sechs–
Tage-Krieges 1967 erlebt. Erst nur ein
kleiner dunkler Punkt, schiebt sich
das Unheil in Gestalt eines Panzers
ganz langsam ins fruchtbare Tal. Der
Gro~vater
versteckt seine Familie,
baut sich eine Verteidigungsstellung
zurecht und stellt sich mit seiner alten
Flinte den Eindringlingen entgegen:
Ein Bild verzweifelten Mutes und zu–
gleich der Ohnmacht, das vielleicht
die Seele des palastinenischen Volkes
pragt.
Eine andere Erzahlung schildert, wie
Touristen in Bussen durch die ,blu–
henden Landschaften" der israelisch
besetzten Gebiete gefahren werden.
Hier wachst und grunt es, dort, bei
den Palastinensern, verkrustet das
Land. Diese Art Propaganda ver–
schweigt,
da~
die israelischen Siedler
ihren arabischen Nachbarn das Was–
ser abgraben. ,Das Wasser ist das
Kernproblem", sagt Karin lrshaid, ein
Machtfaktor im alltaglichen Leben.
Die Araber jener Region haben Erfah–
rungen mit fremden Machten, mit
den TLirken und den Briten. Doch
hatten die fruheren Besetzer Land,
Hauser und Wurde unangetastet ge–
lassen,
hei~t
es in einer weiteren Epi–
sode aus dem Buch. Die Israelis je–
doch bauen Hauser, pflanzen an und
zeigen so,
da~
sie bleiben wollen.
Von ihren vielen Besuchen in Palasti–
na
wei~
Karin lrshaid,
da~
besonders
die Jugend, die weder Frieden noch
Demokratie kennengelernt habe,
weitgehend hoffnungslos sei, sich ge–
demutigt und verlassen fuhle. Des–
halb sei es gerade jetzt wichtig, wah–
rend der
Friedensproze~
wieder ein–
mal stockt, Kontakt auch zu palasti–
nensischen Jugendlichen zu suchen.
Das wollen Schulerinnen und Schuler
der Anne-Frank-Schule auf einer Be–
gegnungsreise nach Israel und Palasti–
na in diesem Monat tun.
Die Bielefelder Autorin Karin lrshaid (links) sprach in der Anne-Frank-Schule
iiber die Lage der Palastinenser im Konflikt mit Israel, rechts Oberstufenleiterin
Marita Kappler.
Foto: Birkholz
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