Plastizität
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3.1 Definitionen
Plastizität bedeutet Veränderbarkeit. Dies bezieht sich auf das Gehirn als Ganzes (Kaas:
The Muta-
ble Brain,
2001) wie auch auf die einzelnen Elemente des Nervensystems, die Neuronen und
Synapsen (Abb. 3.2), beziehungsweise deren Eigenschaften (Abb. 3.1).
Die durch das ZNS fließenden Informationen erzeugen einen ständigen Veränderungsdruck
(Abb. 3.1). Aufgrund der unterschiedlichen Informationen ist das Gehirn eines Musikers anders
beschaffen als das eines Sportlers, eines Schreibers oder eines Sprechers. Die Fleckchen der Abb.
3.1 sind also nicht nur willkürlich, sondern sind sehr spezifisch und individuell ausgerichtet. Dies
ist die Art von Plastizität, die
William James
beschrieben hat (Kap. 1).
Von wissenschaftlichem Interesse ist die
Plastizität auf neuronaler Ebene
(Abb. 3.2).
Welche Strukturen verändern sich? Sind es die Synapsen, die Rezeptoren der postsynaptischen
Membran, die Dendritenverzweigungen oder die Moleküle im Neuron oder im Zellkern selbst
(Kap. 1)? Diese Plastizität beobachtete
Ramon y Cajal
mit dem Mikroskop. Insbesondere die
Molekularbiologie, die leider auch für begabte Laien und gewöhnliche Intellektuelle nur schwer
zugänglich ist, erfreut sich zurzeit in wissenschaftlichen Kreisen großer Beliebtheit.
Halten wir fest: PlastischeVeränderungen treten auf, wenn Information durch das Nervensystem strömt.
Die Information resultiert aus
Stimuli
(Reize) und aus
Aktionen.
Systeme unterstützen sich wechselseitig. Selbst Nervenzellenneubildungen kommen vor,
allerdings wissen wir noch nicht genau, unter welchen Voraussetzungen.
Jedes intakte Hirngewebe besitzt also Plastizität, die unter dem Einfluss von Lernen, Umge-
bung und körperlicher Aktivität steht.
Abb. 3.1 Das Prinzip der Plastizität
Aufgrund des beständigen Informationsflusses verändern sich die Eigenschaften des Nervensystems (dunk-
le Flecke). Essenziell sind das Reizangebot (Stimuli) und Beschäftigung (Aktion).
ZNS
ZNS
input
input
Stimuli
Eigenschaften
veränderte
Eigenschaften
output
output
Aktionen