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Antwort zu Frage 8
Auch hier bieten sich zahlreiche Möglichkeiten an.
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Die in den ersten beiden Phasen erworbenen Elemente werden mitgenommen in die Phase
auf dem Niveau des Handicaps (Gassigehen imWald, Lesen der Tageszeitung). ImWald wird
links ein Schuh mit sehr dünner Sohle getragen, um maximale taktile Informationen zu erhal-
ten. Zunächst können der Signalgeber, der Vibrator und der Walkman zu Hilfe genommen
werden. In der Tageszeitung wird links vom Text mit Textmarker eine farbige Linie gezogen.
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Auch der Hund ist eine variable Größe. Ist er ungehorsam? Zieht er stark an der Leine (Hun-
detraining)? Wird die Leine in der linken oder rechten Hand gehalten? Wird er von der Leine
gelassen? Sinnvoll wäre es, den Hund zunächst links an die Leine zu nehmen.
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Wählen Sie zum Spaziergang mit dem Hund anfänglich eine günstige Tageszeit: wenig Ver-
kehr, wenig andere Menschen oder Hunden (oder Katzen!); dann schrittweise Normalisie-
rung der Tageszeit.
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Wählen Sie eine geeignete Umgebung aus, z. B. den zum Rehazentrum gehörenden Park, eine
Straße, einen öffentlichen Park, ein Waldstück. Das Gebiet muss zunächst übersichtlich sein
(wenig Bodenvertiefungen, Äste, Tannenzapfen).
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Machen Sie die ersten Spaziergänge gemeinsam mit dem Therapeuten oder einem Begleiter,
der die praktische Anwendung der erlernten Fertigkeiten überprüfen kann. Der Begleiter geht
zunächst auf der linken, dann auf der rechten Seite.
Im Fall der Patientin Ellie sind jetzt viele Entscheidungen getroffen. Allerdings sind zahlreiche
andere Programmvarianten denkbar. Es ist wieder genau wie bei unserer Konzertveranstaltung.
Das beste Programm gibt es nicht, sondern viele Kombinationen würden den gleichen Zweck
erfüllen. Am Schluss ist es wichtig, dass man sich für etwas entscheidet. Man kann ja nicht alles
spielen, man muss wählen. Nach dem Motto: Es gibt nur ein Konzert in Kassel!
Wenn es tatsächlich gelingt, Ellies Probleme mit Gassigehen und Zeitunglesen mittels eines geziel-
ten Trainings zu lösen, dann könnte dennoch als Ergebnis herauskommen, dass diese Aktivitä-
ten von Ellie viel mehr Energie abverlangen als ehedem. Sie ist todmüde nach einer halben Stun-
de, in der sie den Hund ausgeführt hat, oder kann nicht mehr längere Zeit am Stück lesen. Am
Ende eines durchschnittlichen Tages ist sie „ausgebrannt“.
Restitution einer Aktivität besagt also keineswegs, dass alles wieder so wird wie früher. Nach
einer Hirnschädigung erfordern Aktivitäten oft mehr Energie. Und natürlich ist es dann ange-
bracht, zur Erleichterung die Unterstützung durch eine Haushaltshilfe zu erwägen, oder sich zu
fragen, ob eine 40-stündige Arbeitswoche noch angemessen ist. Sollte das Lesen vielleicht teil-
weise durch Rundfunknachrichten ersetzt werden?
Man kann vielen Folgeproblemen durch rechtzeitige Maßnahmen vorbeugen. Dass jemand
„alles wieder kann“ (nach erfolgreicher Reha), will also nicht heißen, dass das Leben auf die glei-
che Art und Weise wie vor der Läsion fortgesetzt werden kann.
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