Kapitel 6
Erlernen motorischer Fertigkeiten
6.1 Motorik und Gedächtnis.....................................................................................................................169
6.2 Der Lernkreis: Lernen am Erfolg......................................................................................................169
6.3 Bedeutung der Sensorik.....................................................................................................................172
6.3.1 Reafferenz.................................................................................................................................174
6.3.2 Exafferenz.................................................................................................................................175
6.4 KP-KR-Diskussion: Knowledge of Performance oder Knowledge of Results .................176
6.5 Lernen ohne Gefühl: Deafferenzierung........................................................................................179
6.6 Drei Theorien zum motorischen Lernen.......................................................................................181
6.6.1 Engrammtheorie oder perzeptive Theorie ..................................................................183
6.6.2 Schema-Theorie.....................................................................................................................185
6.6.3 Ökologische Theorie ............................................................................................................189
Fazit........................................................................................................................................................191
Das Erlernen motorischer Fertigkeiten wird von der Psychologie stiefmütterlich und zu
Unrecht nur am Rand behandelt. Es wird als eine „einfache“ Form von prozeduralem Ler-
nen betrachtet. Motorik ist aber von vitaler Bedeutung für jegliche Aktivitäten wie Sin-
gen, Fußballspielen, Kartoffelschälen, Stricken usw. Zu jeder Handlung gehört eine eigene
sensorische Struktur: zum Singen ein intaktes Ohr, zum Radfahren im Verkehr das Sehen
usw. Bei allen motorischen Aktivitäten ist die Kinästhesie (Bewegungsgefühl) von entschei-
dender Bedeutung und unentbehrlich. Wir lernen, indem wir über das Ergebnis unseres
Bewegungsversuchs ein Feedback erhalten. Ein Therapeut oder Coach kann dieses ergän-
zen: Knowledge of Performance (KP) ist Information über die Bewegungsausführung, bei-
spielsweise Information über das Abrollen des Fußes oder über Symmetrie des Gehens
usw. Knowledge of Results (KR) ist Information über das Ergebnis, d. h. über das Erreichen
eines Ziels (geschafft oder nicht geschafft, erreichte Punktzahl). Wir stellen drei Theorien
des motorischen Lernens vor, die jede ihren eigenen Akzent setzt und die einander ergän-
zen. Erstens die Engramm-Theorie: Danach hinterlässt Bewegung eine „Gedächtnisspur im
Kopf“. Zweitens die Schema-Theorie: Danach formen sich Regeln aus, eine Art „motorische
Grammatik“. Und drittens die ökologische Theorie: Danach erfolgen unsere Bewegungen
in einer ständigenWechselwirkung mit den sich stetig verändernden Umgebungsfaktoren,
wir müssen uns „auf die Umgebung einspielen“.
Eine moderne, wohlüberlegte motorische Rehabilitation basiert auf Elementen dieser drei
Theorien.