ausgewaehlteSeiten - page 35

4.2 Wiederherstellung nach peripherer Nervenverletzung
99
te Gebiet überempfindlich wird. Die vorübergehende, gelegentlich unangenehme Überemp-
findlichkeit ist also ein gutes Zeichen.
6. Schließlich wachsen auch dicke Fasern in das denervierte Gebiet ein. Nach Erreichen eines
ausgewogenen Verhältnisses zwischen dünnen und dicken Fasern hat sich auch die Sensibili-
tät wieder normalisiert.
Man kann den Fortschritt der beiden zuletzt beschriebenen Prozesse, die die eigentliche Re-
innervation darstellen, überprüfen, indem man den Nerv vom Ort der Läsion aus nach distal
perkutiert. Bereits funktionierende Axone werden durch die Perkussion aktiviert, was im Ver-
sorgungsgebiet des Nervs eine elektrische Stromempfindung auslöst (Hoffmann-Tinel-Zeichen)
und zwar bis zu der Stelle, wohin das neue Axon sich erstreckt. Der Test verschafft jedoch nur
einen groben Eindruck. Ein negatives Ergebnis ist kein Beweis für das Nichtvorhandensein
von Reinnervation, und auch ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen ohne Reinnervation kann
vorkommen. Dennoch hat der Test in der Klinik seinen Wert für die Prognose der Sensibilität
bewiesen (Mummentaler, 1977).
Nach Verletzungen großer Nerven ist eine vollständige Wiederherstellung der Sensibilität sel-
ten. Die vitale Sensibilität erholt sich zumeist gut, während die gnostische Sensibilität gestört
bleibt (z. B. feine Tastfunktion der Hand). Infolge von Ungenauigkeiten der zeitlichen und ört-
lichen Abstimmung empfindet der Patient Fehlsensationen wie beispielsweise Ausstrahlung von
Reizgefühlen,
Nachempfindungen
oder
Synästhesien
(Verwechslung sensibler Modalitäten)
und
All
ä
sthesie
(Empfindung eines Reizes an einer anderen Stelle), was insbesondere bei der
Durchführung feinmotorischer Arbeiten wie dem Knöpfen, dem Drehen einer Mutter auf eine
Schraube oder dem Geigenspielen störend ist.
Zugleich mit dem Schmerzsinn erholen sich in der Regel auch die vegetativen Funktionen.
Kehrt die Schweißabsonderung in einem Hautgebiet zurück, dann ist das ein prognostisch güns-
tiges Zeichen.
Henry Head
durchtrennte bei sich selbst den N. cutaneus antebrachii lateralis (Abb. 4.8) und
registrierte anschließend akribisch die Wiederherstellung der Sensibilität:
Abb. 4.8
Henry Head
durchtrennte bei sich selbst einen Zweig des N. radialis. Hier lässt er gerade von seinem Kol-
legen Rivers die Sensibilität prüfen (aus:
Garrison
, 1969).
1...,25,26,27,28,29,30,31,32,33,34 36,37,38,39,40,41,42,43,44,45,...84
Powered by FlippingBook